300 Jahre Stadtrecht in Ravensberg

Stadt- und Kreisarchiv Gütersloh zeigt Ausstellung

Die Ausstellungsmacher inmitten von viel Preußischblau: (v.l.): Michael Meyer-Hermann (Bürgermeister der Stadt Versmold), Sebastian Schröder (Wissenschaftliche Beratung), Dr. Rolf Westheider (Konzept und Redaktion), Stephan Grimm (Stadtarchivar Gütersloh), Ralf Othengrafen (Kreisarchivar Gütersloh).

Am 17. April 1719 unterzeichnete der Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. ein bedeutendes Edikt: Er erklärte sechs Orte seiner Grafschaft Ravensberg zu Städten: Borgholzhausen, Halle (i. Westf.), (Preußisch) Oldendorf, Versmold, Vlotho und Werther. Wenige Monate später sollten noch Bünde und Enger folgen. Somit wurden 1719 acht frühere Dörfer zu Städten. Mit der Stadtwerdung erhoffte sich der preußische Monarch steigende Einnahmen. Denn gleichzeitig ließ er in den neuen Städten die „Akzise“ erheben. Dabei handelte es sich um eine Art Umsatz- oder Verbrauchssteuer, die nur in Städten galt. Deshalb wurden diese Orte als „Akzisestädte“ bekannt.

Steuerflucht und Qualitätsmanagement

„Die Zeit des 18. Jahrhunderts ist hochgradig spannend, das Leben im Kleinen vor Ort kennt man nicht und Preußen war viel weniger absolutistisch als man so denkt“, weiß Sebastian Schröder vom Institut für vergleichende Städtegeschichte aus Münster. Er hat die wissenschaftliche Beratung übernommen. Für das Konzept und die Redaktion zeichnet Dr. Rolf Westheider (Archivar der Städte Versmold und Borgholzhausen) verantwortlich. Versmolds Bürgermeister Michael Meyer-Hermann hat „den Eindruck, dass die Ausstellung überall auf Interesse gestoßen ist.“ Gefördert wurde das Vorhaben vom Netzwerk Preußen in Westfalen und somit vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe und dem Land Nordrhein-Westfalen.

Dass Qualitätsmanagement schon im 18. Jahrhundert ein Thema war, veranschaulicht die so genannte „Legge“, eine Liege zur Zertifizierung, auf die das Leinen gelegt wurde und gegebenenfalls seinen Qualitätsstempel erhielt – thematisiert auf der Versmolder Tafel.

Sebastian Schröder M.A. vom Institut für vergleichende Städtegeschichte Münster, präsentiert eine auch heute noch aktuelle Frage: Steuer einführen ja oder nein?

Schon damals musste das Verhältnis des preußischen Staates zu den neuen Städten immer wieder neu ausgehandelt werden. Das Reformwerk der Akzise rief Untertanen auf den Plan, eine Einmischung von unten, die Erfolg hatte. Man handelte die Ansprüche der Kommunen gegen die Obrigkeit und umgedreht aus. Das Prinzip der Konnexität, das in unserem Rechtssystem das Verhältnis von Aufgabenlast zu Ausgabenlast regelt, fand also schon damals Anwendung. Lange wurde zudem geglaubt, was der absolutistische König sagt, das wurde befolgt. Die Ausstellung zeigt das Gegenteil: Bürger mischten sich ein. Auch die Drohung eines Unternehmers, sein Geschäft in die Nachbarkommune zu verlagern, gibt es nicht erst seitdem Gewerbesteuerhebesätze die Steuerlast regeln. Nachzulesen auf den Roll-Ups.

Kreisarchivar Ralf Othengrafen freut sich über die Ausstellung in seinen Räumen: „Frische Optik, ungewöhnliches Format, ruck-zuck aufgebaut und ein Begleitheft zur Ausstellung, das von der Stadtsparkasse Versmold und der Kreissparkasse Halle finanziert wird, ist bereits im Druck.“ Die Ausstellung ist noch bis zum 14. November zu sehen.

Öffnungszeiten des Archivs: Di, Mi, Do: 10.00-12.30 Uhr; Di, Do: 14.00-17.00 Uhr

Die Wanderausstellung – Acht Städte und ihre Geschichte.

  • Erstellt zum 300. Stadtjubiläum der Städte Borgholzhausen, Bünde, Enger, Halle, Oldendorf, Versmold, Vlotho und Werther
  • Auftakt in Versmold, wandert seitdem (nicht nur) durch die Kommunen des Kreises
  • Zehn Roll-ups im Format 200 x 245 Zentimeter….
  • Flächenbedarf: sehr variabel, ab ca. 40 Quadratmeter
  • Transport mit PKW (Kombi) möglich.
  • Ausleihbar über: Dr. Rolf Westheider, 05423-954111; rolf.westheider@versmold.de
  • Konzept und Redaktion: Dr. Rolf Westheider
  • Wissenschaftliche Beratung: Sebastian Schröder M.A.
  • Gefördert von: Netzwerk Preußen in Westfalen (LWL)
  • Finanziert durch: die beteiligten Kommunen und das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW
  • Im Stadt- und Kreisarchiv Gütersloh zu sehen bis: 14. November 2019