Kreis Gütersloh: Digitalisierung startete 2009

Über 15.000 Bauanträge digital bearbeitet

Für das digitale Verfahren verantwortlich: Abteilungsleiter Bauen, Wohnen, Immissionen Bernhard Bußwinkel (2. v.l.) bearbeitet gemeinsam mit seinem Team bestehend aus (v.l.) Marie-Luise Hänseroth, Sieglinde Apel und Reinhold Höll die digitalen Baugenehmigungen. Foto: Kreis Gütersloh


Seit dem 1. Januar 2009 findet für alle neuen Genehmigungsverfahren ein vollständiger digitaler Workflow in Sachen Bearbeitung und Beteiligung von Fachbehörden und anderen Beteiligten statt. „Wir haben das Rad nicht neu erfunden“, meint Bußwinkel, „aber konsequent umgesetzt.“ So hat sich der Kreis im Jahr 2005 im Rahmen der Projektgruppe E-Government OWL intensiv nach praxiserprobten Verfahren umgeschaut. Bauanträge werden schließlich überall im Land gestellt. In Osnabrück wurde die Abteilung fündig. ‚ITeBAU‘ nennt sich die internetbasierte digitale Bauplattform, die inzwischen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen genutzt wird und digitale Standards setzt. „Ostwestfalen-Lippe ist dabei überproportional vertreten“, erklärt Bußwinkel. Die Kreise Minden-Lübbecke, Lippe und Herford, die Städte Verl, Minden und Herford sind dabei; die Stadt Rietberg setzt ein vereinfachtes digitales Verfahren ein.

 Inzwischen sind beim Kreis Gütersloh über 40 Prozent der Bauanträge voll digitalisiert, das heißt sie werden auch digital eingereicht. Reicht jemand den Bauantrag in Papier ein, wird er gescannt und in das Fachverfahren übertragen, wo er dann weiter verarbeitet wird. 15.000 Verfahren sind in den zehneinhalb Jahren digital bearbeitet worden.

Lag dabei der Anteil der ausschließlich digital eingereichten Bauanträge zuerst bei zehn Prozent (2009) kletterte er auf jetzt 42 Prozent (erste Jahreshälfte 2019).

Wer einen Bauantrag digital einreichen will geht auf die Internetseite des Kreises (www.kreis-guetersloh.de) unter ‚Bauen online‘. Hier wählt er das entsprechende Formular und lässt sich über eine Eingabemaske führen – die dritte Komponente des Verfahrens neben der Fachanwendung ‚ProBauG‘ und der digitalen Bauplattform ‚ITeBAU‘. „Das kann sich jeder im Internet anschauen, die ersten Schritte laufen ohne eine Identifizierung“, erläutert der  Experte. Zum Schluss werden die Bauvorlagen hochgeladen.

 An der Stelle kommt auch das Land ins Spiel: 2018 rief das NRW-Bauministerium ein Modellprojekt ins Leben, an dem die Städte Dortmund, Ennepetal, Köln und Xanten sowie die Kreise Warendorf und Gütersloh teilnehmen. Ziel ist es gemeinsame Standards für die digitale Abwicklung von Baugenehmigungsverfahren zu entwickeln und die Digitalisierung voran zu treiben. „Wir sind die einzigen, die dabei umfassende praktische Erfahrungen einbringen können“, unterstreicht Bußwinkel. Das Interesse seiner Abteilung dabei: „Eine Portallösung des Landes, damit für jede Antragstellung eine einheitliche Oberfläche und eine praxisgerechte Authentifizierung gewährleistet ist. Über die Eingangsmaske des Landes wird dann der Antrag automatisch der richtigen Baubehörde zugeordnet.“ Zur Authentifizierung schwebt ihm das Servicekonto NRW vor. Hat man sich künftig dort registriert, soll man sich mit dieser Kennung auch für andere digitale Verfahren anmelden können. Die bisher zuverlässigste praktizierte Authentifizierung mutet dagegen etwas anachronistisch an: Per Fax. Die parallel angewendete elektronische Signatur hat sich als hoch anfällig erwiesen und die Zahl ihrer Nutzer ist sogar rückläufig.

An dem einfachsten Bauantrag arbeiten auf der Online-Plattform ‚ITeBAU‘ nur drei beteiligte Parteien mit: Der Antragsteller, in der Regel ein Architekt, die jeweilige Kommune und die Abteilung Bauen, Wohnen und Immissionen. Bußwinkel: „Die Zahl der Beteiligten erhöht sich bei komplexeren Anträgen enorm.“ Seine Abteilung hat eine Liste von 64 zu beteiligenden Behörden, gerade bei gewerblichen Bauten werden viele Stellen involviert, beispielsweise Straßenbaulastträger, Gas- und Stromversorger, die Untere Wasserbehörde, die Immissionsschutzbehörden und viele mehr. Über die Rechtevergabe kann die Abteilung steuern, wer was darf auf der Plattform, etwa nur lesen oder auch bearbeiten. Dass die Digitalisierung kein reiner Selbstzweck ist, verdeutlicht Bußwinkel an einem einfachen Beispiel: „Wenn man einem Architekten schreibt, dass an der und der Stelle aus Brandschutzgründen kein Fenster möglich sei, dann kann er das am Computer direkt ‚zu mauern‘ und in fünf Minuten ist der neue Plan hochgeladen und kann auf der Plattform weiter bearbeitet werden.“ Das stelle man sich mal in Papier vor, meint der Abteilungsleiter. Zudem sei die Plattform sehr transparent, auch der Antragsteller kann beispielsweise die kompletten Stellungnahmen beteiligter Behörden lesen. „Und erhalte ich einen Anruf mit einer Frage zu einem Genehmigungsverfahren, kann ich sofort am Rechner den entsprechenden Vorgang öffnen und mir gemeinsam mit dem Anrufer die Pläne anschauen.“ Und Bußwinkel findet noch einen Riesenvorteil: „Auf der Plattform geht nichts verloren – jede gelöschte Datei wird rechtssicher gespeichert. Man kann sie rekonstruieren und sieht wann sie entfernt wurde.“ So könne auch im Nachgang noch nachvollzogen werden, welche Pläne beispielsweise sich wie verändert hätten.