VITAL-Projekt ‚Artenreiche Lebensräume‘

Exkursion ins Grüne: Erfahrungsaustausch und neue Impulse

Die Exkursions-Teilnehmer besuchen Betriebe in der Region, um verschiedene Ansätze der Biodiversität kennenzulernen.

In der Projektplanung laufen die Konzepte zum Erhalt der Artenvielfalt bereits auf Hochtouren und die Ideenliste der Arbeitsgruppen wird immer länger. Doch welche Herausforderungen stellen sich in der Praxis und worauf muss man besonders achten? Das Exkursionsprogramm konzentrierte sich in erster Linie auf landwirtschaftliche Flächen und Ansätze zur Verbesserung von deren Vielfalt. „Jede Fläche ist einzigartig aufgrund ihrer natürlichen Voraussetzungen. Nicht jede Maßnahme eignet sich für jede Fläche, doch sie kann Anregungen für weitere Projektideen geben“, erklärte Projekt-Koordinatorin Claudia Quirini-Jürgens von der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld. Das Konzept zur Erhöhung der Biodiversität setze in erster Linie auf Nachhaltigkeit. So biete eine Blühfläche vielen Tieren einen wichtigen Lebens- und Entwicklungsraum, denn durch die späte Ernte im Jahr ermögliche sie Insekten eine gute Nahrungsgrundlage, vielen Vögeln eine erfolgreiche Brut und Säugern, wie beispielsweise Hasen und Rehen, eine ‚Kinderstube‘. Neben diesen ökologischen Funktionen können die Wildpflanzen gleichzeitig wichtige Energielieferanten für Biogasanlagen sein und damit Maiskulturen zumindest anteilig ersetzen. „Die energetischen Werte zeigen, dass die Biomasse von mit Wildpflanzen bestellten Ackerflächen durchaus eine konkurrenzfähige Alternative zu den konventionellen Energiepflanzen wie Mais sein kann. Auch die Wildpflanzenbestände können gedüngt werden und erweisen sich als äußerst effiziente Nährstoffverwerter. Durch die niedrigen Reststickstoffwerte im Herbst werden Boden und Grundwasser geschont, außerdem halten sich die Kulturen mehrere Jahre und liegen damit niedriger in den jährlichen Anbaukosten“, erläuterte Ulrich Bultmann, Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer. Praktische Einblicke zu diesen positiven Randeffekten bekamen die Teilnehmer bei den ersten beiden Besichtigungs-Stopps an den Betrieben Niedermeyer in Borgholzhausen und Düfelsiek in Steinhagen. Die dort angelegten Blühflächen stammen übrigens aus einer vom Kreis Gütersloh geförderten Einsaatmischung, die 25 heimische Pflanzen wie zum Beispiel Färberkamille, Fenchel, Wegwarte, Rainfarn oder Flockenblume enthält. Die Teilnehmer lernten außerdem eine exotische Energiepflanze, die Silphie, aus Nordamerika kennen. Sie sieht von weitem der Sonnenblume ähnlich und sei durchaus konkurrenzfähiger Ersatz für Mais. Damit ergänzt sie den Energiepflanzenanbau der beiden Betriebe.

Beim Stopp am Betrieb Niedermeyer bekommen die Teilnehmer praktische Einblicke in die energetische Verwertung von Wildpflanzen und der nordamerikanischen Silphie als Alternative zu Maiskulturen.

 Auch ein Blick über Nachbars Gartenzaun stand auf dem Programm: Der gemeinschaftlich geführte landwirtschaftliche Betrieb Harberg KG von Lothar Stumpenhorst und Christoph Tentrup-Beckstedde im Nachbarkreis Warendorf in Neubeckum ist einer von insgesamt 14 landesweiten Leitbetrieben zum Thema Biodiversität. Dort nahm Caroline Kowol von der Landwirtschaftskammer NRW die Exkursionsteilnehmer mit auf einen Rundgang. Einsaatmischungen werten Brachflächen zu wertvollen Biotopen auf, Uferrandstreifen übernehmen wertvolle Abstands- und Pufferfunktionen zwischen Fließgewässer und angrenzender landwirtschaftlicher Nutzung.  


Der Erfahrungsaustausch beinhaltete darüber hinaus auch konkrete Informationen über kommunale Begrünungsmaßnahmen zur Steigerung der Biodiversität wie beispielsweise das Anlegen, den Erhalt sowie die Pflege  von blütenreichen Wegrändern ohne den Einsatz von Saatgutmischungen. „Nur weil Wiesen oder Wegränder nicht immer farbenfroh ins Auge springen, heißt das noch lange nicht, dass sie biologisch weniger Wert haben. Viele scheinbar wenig blütenreiche Flächen sind oft artenreicher als es auf den ersten Blick erscheint“, hob Quirini-Jürgens hervor. Der Erhalt solcher Lebensräume müsse an erster Stelle stehen. Daher gelte der Grundsatz, Flächen vor der Neubepflanzung erst fachkundlich prüfen zu lassen. So bildeten eine auf einem Ackerstandort neu angelegte Blühwiese sowie ein sogenannter magerer Wegrand, der erst beim genauen Hinsehen seine ‚Schätze‘ wie Heide-Nelken oder Besenheide zeigte, den Abschluss der Besichtigungstour.

Ulrich Bultmann (Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer Gütersloh/Münster/Warendorf), Claudia Quirini-Jürgens (Projektkoordinatorin ‚Artenreiche Lebensräume in der VITAL-Region GT8‘) und Wilhelm Gröver (Abteilungsleiter Umwelt des Kreises Gütersloh) leiteten die Fachexkursion.
Ulrich Bultmann (Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer Gütersloh/Münster/Warendorf), Claudia Quirini-Jürgens (Projektkoordinatorin ‚Artenreiche Lebensräume in der VITAL-Region GT8‘) und Wilhelm Gröver (Abteilungsleiter Umwelt des Kreises Gütersloh) leiteten die Fachexkursion.

 „Die Exkursion hat eine Menge neue Impulse gegeben und beweist, wie wichtig der Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen Projektpartnern ist. Nur im Team können wir die bestmöglichen Ergebnisse erzielen“, fasste Wilhelm Gröver, Leiter der Abteilung Umwelt des Kreises Gütersloh, zusammen. Einige Projektmaßnahmen auf kommunaler Ebene laufen bereits, andere sind in Planung. Quirini-Jürgens steht sowohl Städten und Gemeinden als auch Landwirten und Firmen, die Flächen bereitstellen und sich am Projekt beteiligen wollen, beratend zur Seite.

 

 


Zum Thema: VITAL-Projekt ‚Artenreiche Lebensräume in der VITAL-Region GT8‘

Die Revitalisierung von Flora und Fauna ist Ziel des Projektes ‚Artenreiche Lebensräume‘. Der Kreis Gütersloh unterstützt das Programm, das unter der Leitung der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld Anfang April gestartet ist. Auf der Agenda stehen verschiedene Maßnahmen zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt in der VITAL-Region GT8 und darüber hinaus im gesamten Kreisgebiet. An dem Projekt beteiligen sich die acht Kommunen der VITAL-Region sowie die anderen Städte und Gemeinden im Kreis, die Landwirtschaftskammer und landwirtschaftliche Vereine, Naturschutzverbände, Imker, Jäger sowie weitere Akteure.