Bodenuntersuchungen auf dem Baugrundstück des Verwaltungsneubaus

Auf der Suche nach Spuren aus der Vergangenheit

Lange Sondagen wurden für die Bodenuntersuchung mithilfe eines Baggers auf dem Baugrundstück ausgehoben. Foto: Kreis Gütersloh

„Man findet immer irgendwas. Von der alten Münze bis zum neuzeitlichen Kronkorken hatten wir in vergangenen Untersuchungen alles schon dabei“, erzählt Archäologin Sabine Sickmann vom Büro Goldschmidt Archäologie aus Düren, das für die Sachverhaltsermittlung auf dem Grundstück des Kreises zuständig ist. Dort soll im nächsten Jahr der Bau des neuen Jobcenter-Gebäudes beginnen. Vor dem Start des Baus wird die Zeit für einen Blick in die Vergangenheit genutzt. Grundlage der Bodenuntersuchungen ist ein Luftbild, das aufgrund der dort erkennbaren Bodenstrukturen einen archäologischen Fundplatz vermuten ließ.

 Über das Gelände verteilen sich aktuell drei Sondagen. So werden die ausgehobenen Gräben von den Archäologinnen bezeichnet. Ursprünglich waren sogar vier solcher Bahnen geplant. „Wegen der Grasbepflanzung des Baugrundstückes, die vor der Abtragung von Sand und Erde durch den Wind schützt, haben wir auf die vierte Ausgrabungsstelle verzichtet“, erklärt Peter Westerbarkei, Architekt der Abteilung Gebäudewirtschaft des Kreises Gütersloh. Zwei der Bahnen sind 35 Meter lang, eine dritte Bahn umfasst eine Länge von 70 Metern. „Wichtig ist bei solchen Untersuchungen, dass zehn Prozent der Fläche des Baugrundstückes durch die Sondagen abgedeckt werden. So lange das der Fall ist, ist ein bisschen Flexibilität in der Umsetzung immer in Ordnung“, so Sickmann. Die Untersuchungsgräben werden vom Kettenbagger mit einem breiten Böschungslöffel dort geschaffen, wo ohnehin durch den später vorgesehenen Bau eingegriffen wird. Der Mutterboden wird entfernt bis der darunterliegende, weiße Grund in den Sondagen zu erkennen ist. Gut sichtbar wird in den Ausgrabungen ebenfalls die Dicke der verschiedenen Schichten. Die Mutterbodenstärke variiert dabei zwischen 60 Zentimetern und einem Meter.

Die Archäologinnen Sabine Sickmann (hinten) und Henrike Neumann untersuchen den Boden auf dem Baugrundstück der Gütersloher Kreisverwaltung. Foto: Kreis Gütersloh

Die Veränderungen, die gefunden werden, können verschiedenste Ursachen haben. „Grobe Maserungen im Boden stammen häufig von Tiergängen, aber auch Holzkohle oder Keramik können ein Grund für die Verdunklungen sein. Besondere Auffälligkeiten werden von den Archäologinnen durch einen zusätzlichen Profilschnitt untersucht, der auch die Verfärbungen bis in noch tiefere Bodenschichten zeigt. „Solche dunklen Flecken können zum Beispiel ein Zeichen dafür sein, dass hier früher mal der Holzpfahl eines Hauses in der Erde war“, so Sickmann. Auf diese detaillierte Untersuchungsweise haben die Archäologinnen in Gütersloh sogar eine Keramikscherbe gefunden. „Solche Keramikfunde werden zunächst gewaschen, dann getrocknet und dann wieder gewaschen, bevor ein Fachmann dann genau sagen kann, aus welcher Zeit sie stammen.“ Gleiches gilt auch für alle weiteren Funde, die erst sorgfältig protokolliert und untersucht werden müssen.

 Auf dem Gütersloher Baugrund ist derzeit ein Team aus drei Mitgliedern tätig. „Die Teamstärke variiert je nach Einsatzort und erwarteter Fundmenge“, erklärt Sickmann. Auch die Dauer der Arbeiten unterscheidet sich je nach Einsatzort stark und ist zusätzlich von der Menge der Fundstücke abhängig. Nach dem Ende der Bodenarbeiten wird die untersuchte Fläche wieder verschlossen. Besonders wichtig ist dabei, dass der ausgehobene Boden in der ursprünglichen Reihenfolge wieder in die Gruben gefüllt wird, um den natürlichen Zustand des Bodens wiederherzustellen.

Bei den Ausgrabungen in Gütersloh wurde unter anderem eine Keramikscheibe gefunden. Diese wird im Anschluss an die Bodenarbeiten genau auf ihre Ursprungszeit untersucht. Foto: Kreis Gütersloh

 Mit den ersten Ergebnissen der Sondagen sind die Bielefelder Forscher der LWL-Archäologie sehr zufrieden: „Erstmals haben wir aus Pavenstädt und Umgebung Nachweise einer Siedlung vor über 2.000 Jahren“, so Dr. Sven Spiong, Leiter der Bielefelder Außenstelle. Eine erste Begutachtung der Keramikscherben durch den Stadtarchäologen Johannes Glaw ergab eine Datierung, die für alle Beteiligten eine echte Überraschung war: „Anhand der Form der Gefäße und der Beschaffenheit der Scherben ist eine sehr frühe Zeitstellung ins 8./7. Jahrhundert v. Chr. sehr wahrscheinlich“. Nun werden die Forscher diese Datierung durch naturwissenschaftliche Untersuchungen im Labor weiter stützen, denn generell sind Siedlungen aus dieser Zeit in Ostwestfalen sehr selten.

Da die archäologischen Hinterlassenschaften im Boden sich auf einer Stelle konzentrierten, konnte die Ausgrabung schon nach wenigen Tagen mit gutem Erfolg abgeschlossen werden. Die Kosten für die Untersuchung, die nach dem Denkmalschutzgesetz der Bauherr zu tragen hat, halten sich daher auch in engen Grenzen.


von Henrike Buschmann