Schwingen: Mitsprechen und Silbenbögen zeichnen
Kind zeichnet Silbenbögen unter lautgetreue Wörter (Foto: Balmsliemke)

"ReLv": Rechtschreiben erforschen, Lesen verstehen

Die Abkürzung "ReLv" steht für "Rechtschreiben erforschen, Lesen verstehen" und ist ein handlungsorientiertes Unterrichtskonzept für die Primar- und Sekundarstufe.

Im engeren Sinne handelt es sich dabei um ein Unterrichtskonzept zum Erlernen der Rechtschreibung und des Lesens. Es fußt auf dem wissenschaftlich evaluierten Förderkonzept für lese- und rechtschreibschwache Schüler*innen von Reuter-Liehr, das wiederum auf die lernpsychologische Forschung von Kossow und Buschmann zurückgeht und selbst die Basis bildete für das Förderkonzept FRESCH ("Freiburger Rechtschreibschule"). ReLv entwickelte diese Ansätze zu einem Unterrichtskonzept für Schulen weiter, das es ermöglicht, diese wirkungsvollen Hilfestellungen im Erlernen des Rechtschreibens und Lesens nicht nur in Fördergruppen, sondern im regulären Deutschunterricht und in anderen Fächern so umzusetzen, dass alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse von der Methode profitieren.

Im weiteren Sinne handelt es sich bei ReLv aufgrund der unterrichtsdidaktischen Weiterentwicklung der Fördermaterialien um ein Unterrichtskonzept zum Verständnis von Sprache. Mit ReLv wird Schülerinnen und Schülern ein Instrument vermittelt, mit dem sie Sprache analysieren, reflektieren, und über sie kommunizieren können. Dabei geht es nicht nur um die richtige Schreibung von Wörtern, sondern auch über ihre Struktur, Herkunft, Beziehungen und Bedeutungen. Das Instrument ReLv besteht vor allem in einer Haltung, nämlich dem Selbstverständnis, dass man Sprachforschende*r ist (oder besser: Teil einer Forschungsgruppe, zu der die Mitschüler*innen genauso wie die Lehrer*innen gehören). Darüber hinaus besteht ReLv aus Handlungsmethoden für das Erforschen: den  "Rechtschreibstrategien", die gemeinsam erarbeitet und angewandt werden. Im konsequent umgesetzten Konzept ReLv ist der Weg von der ersten Stunde an bereits das Ziel: das Erforschen der Wörter und ihrer Schreibung, das von Anfang der ersten Klasse an das Instrument des Zugangs ist und in aller Verfeinerung auch später bis weit in die Sekundarstufe hinein der Schlüssel zum sprachlichen Verständnis bleibt.

Durch die Lehrkräfte angeleitet, entdecken Schüler*innen mit Hilfe weniger zentraler (den LRS-Förderprogrammen entnommenen) Rechtschreibstrategien selbständig die Regelhaftigkeit der Rechtschreibung. Die Anwendung der Strategien ermöglicht die richtige Schreibweise von etwa 80% aller Wörter und verhilft zu einer sicheren, weil begründbaren Rechtschreibung, statt einer intuitiven Recht- oder eben Falschschreibung.

Die Veränderung in der Haltung der Lehrkraft, sowie nachfolgend der Schüler*innen ist für den Erfolg des Konzeptes maßgeblich. Wenn die Lehrkraft nicht mehr die Rolle der einzigen Rechtschreibexpertin in der Klasse innehat, die die Rechtschreibung vermittelt, sondern sich zu einem (führenden) Teil der Forschungsgruppe macht, können die Schüler*innen die Rolle der Co-Forscher*innen annehmen, die sich die Rechtschreibung selbst erarbeiten. Damit kann und muss sich der Unterricht wandeln hin zu einem Unterricht, in dem kooperatives Lernen vorherrscht: Partnerschaftliches Lernen findet z.B. in Form von gegenseitiger Unterstützung der Schüler*innen statt, die sich untereinander die Regeln erklären, sie gemeinsam herleiten und entwickeln oder anhand von Ausnahmen ihre Begrenzungen diskutieren. Auch selbständiges Lernen wird gefördert, wenn die Schüler*innen einzeln an Forschungsfragen arbeiten. Wenn diese in unterschiedlicher Schwierigkeit differenziert sind, wird der Unterricht der Heterogenität der Schüler*innen in einer Klasse gerecht. Das wirkt einer Über- wie Unterforderung entgegen - mit entsprechend positiven Nebeneffekten auch im Bereich von Unterrichtsstörungen. Auch eine selbständige Erfolgskontrolle wird erleichtert. Die übersichtlich aufeinander aufbauenden Strategien machen den Fortschritt des Lernprozesses transparent, so dass die Schüler*innen ihren individuellen Lernfortschritt nicht nur während des Unterrichtsalltages leicht beobachten, sondern ihn auch über angeleitete Selbstkontrollen für sich selbst nachvollziehen können. Die Lehrkraft hat ebenso die Möglichkeit, die Lernfortschritte auf individueller Ebene und auf der Ebene der Klasse leicht diagnostizieren zu können (eine gute und handhabbare Hilfe auch im Hinblick auf die Erfüllung des LRS-Erlasses).

Außerdem können die erarbeiteten Rechtschreibstrategien in verschiedenen Funktionen und thematischen Zusammenhängen angewendet werden, was die Integration in umfangreichere Unterrichtsvorhaben ermöglicht.

Die genannten Vorzüge der Vermittlung zeigen, dass die Vorgaben der Kernlehrpläne in den verschiedenen Dimensionen vorbildlich erfüllt werden können. Die idealtypische Umsetzung des Konzeptes erfordert eine moderne Form zu unterrichten - deren Umsetzung über die entsprechenden Methoden und Materialien möglich gemacht wird.

Die Bildungs- und Schulberatung hat in der Vergangenheit die Ausarbeitung und die Evaluation des Konzeptes unterstützt, in der sehr deutlich wurde, dass die LRS-Problematik in den Schulen, die ReLv kompetent umsetzen, merklich reduziert wird - zum Vorteil aller. Da wir Schulen hinsichtlich des Umgangs mit dem Problem lese-rechtschreibschwacher Schülerinnen und Schüler beraten, stellen wir in diesem Zusammenhang auch immer wieder die Vorzüge eines präventiv wirkenden und ganzheitlichen Ansatzes wie "ReLv" gegenüber der einzelfallorientierten, nachgelagerten Förderung dar. Schließlich arbeitet die Bildungs- und Schulberatung mit an der Weiterentwicklung des Konzeptes.


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