Reinhard-Mohn-Berufskolleg

Gutachter ermittelt PCB-Belastung

Infoveranstaltung
Im Forum des Reinhard-Mohns-Berufskollegs wurde die Schulgemeinschaft über den PCB-Befund und die Maßnahmen informiert.                              Foto: Kreis Gütersloh

„Unser Ziel heute ist es, die betroffenen Personengruppen aus den unterschiedlichen Perspektiven bestmöglich zu informieren“, so Oberstudiendirektor Michael Kintrup, der Schulleiter des Reinhard-Mohn-Berufskollegs. Schulleitung, der Kreis Gütersloh als Schulträger, das Gutachterbüro, der zugeschaltete Arbeits-, Sozial- und Umweltmediziner Prof. Dr. Thomas Kraus (Uniklinik RWTH Aachen) und weitere Fachleute informierten die Schulgemeinschaft in dem Berufskolleg. „Es ist nicht dramatisch“, meint der Umweltmediziner Kraus, der schon viele solcher Verfahren begleitet hat gerade mit Blick auf deutlich höher belastete Gebäude andernorts. „Aber es wäre unseriös zu sagen, es ist kein Problem.“

Die Gutachter des Ingenieurbüros Wessling (Altenberge) stellten auf der Schulveranstaltung die Ergebnisse der Untersuchungen vor, sie waren vom Kreis Gütersloh als Schulträger mit den Messungen beauftragt worden. Auch wenn kein sofortiger Handlungsbedarf besteht, gibt es empfehlenswerte Sofort-Maßnahmen, um die PCB-Werte zu senken. „Das Wichtigste ist ein gutes Lüftungsregime“, beton Prof. Dr. Kraus. Zusätzliche CO2-Ampeln, die helfen sollen, das regelmäßige Lüften zu gewährleisten, sind bereits bestellt. Eine laut Prof. Dr. Kraus weitere hilfreiche Sofortmaßnahme: Der Kreis Gütersloh hat eine Grundreinigung veranlasst, weil PCB ‚ausgast‘ und sich auch in anderen Stoffen und auf Oberflächen finden lässt. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Primärkontamination und der Sekundärkontamination. PCB gilt als krebserregend und erbgutverändernd. Die Werte in der PCB-Richtlinie seien so gewählt, dass gesunde Personen sich im konkreten Fall, also bei der Stufe Gelb, in dem Schulgebäude zum Schulbetrieb aufhalten können, ohne sich zu gefährden. In den allermeisten Räumen lagen die Werte unterhalb von 1.000 Nanogramm/Kubikmeter (ng/m³) Raumluft, lediglich in drei Räumen darüber. Erst ab 3.000 Nanogramm pro Kubikmeter – Stufe Orange – besteht sofortiger Handlungsbedarf laut PCB-Richtlinie. Zu beachten ist bei den Messwerten, dass sie bei warmen Außentemperaturen höher sind als in der kalten Jahreszeit. Die jetzt bei der Versammlung vorgestellten Messungen stammen von Ende Juli, Oktober und Dezember.

Infoveranstaltung
Ingo Kleinebekel, Kämmerer und als Dezernent unter anderem für die Gebäudewirtschaft zuständig, stand auch für Fragen zur Verfügung und erläuterte die mittelfristigen Maßnahmen des Kreises als Schulträger. Im Hintergrund auf dem Monitor Prof. Dr. Thomas Kraus, Umweltmediziner der Uniklinik Aachen.                  Foto: Kreis Gütersloh

Als Primärkontamination haben die Gutachter die Fugen der Waschbetonfassade des Hauptgebäudes ausgemacht. In den Altgebäuden fanden sich keine höher PCB-belasteten Materialien. Dort fanden die Gutachter eine PCB-haltige Heizungsfarbe, die aber keine höher belastetet Primärquelle ist wie die Fugen der Fassade am Hauptgebäude. Im Rahmen des weiteren Monitorings werden auch in diesen Gebäudeteilen Raumluftmessungen vorgenommen. Aufgabe sei es jetzt, eine Planung für eine ganzheitliche Sanierung zu machen. Mittelfristig steht wegen der Sekundärkontamination eine Generalsanierung des Hauptgebäudes an. Der Kreis Gütersloh wird zudem im ersten Quartal 2023 sämtliche in seiner Trägerschaft befindlichen Schulen auf mögliche PCB-Belastungen prüfen.

Die Gebäudewirtschaft wird zudem Luftwäscher anschaffen, die in allen Räumen zum Einsatz kommen, in denen die Messwerte über 300 Nanogramm pro Kubikmeter Raumluft liegen. Rund 50 dieser Luftwäscher sollen aufgestellt werden, in Klassenräumen jeweils zwei. 300 Nanogramm ist auch die Grenze, die in Räumen eingehalten werden sollte, in denen beispielsweise Schwangere arbeiten. Bis zum Start der Sanierung wird es regelmäßig Kontrollmessungen geben. Der Kreis Gütersloh hat die nun vorgestellten Messergebnisse aus dem Hauptgebäude samt Lageplan im Internet veröffentlicht: www.kreis-guetersloh.de/pcb


Zum Thema: Die PCB-Richtlinie

In der PCB-Richtlinie werden vier Grenzwerte unterschieden. Mit jeder der vier Stufen verbinden sich Handlungsempfehlungen beziehungsweise Vorgaben. Unterhalb einer gemessenen Konzentration von 300 Nanogramm pro Kubikmeter Raumluft besteht kein Handlungsbedarf, der Wert ist unter dem Vorsorgewert der PCB-Richtlinie. Eine Reihe von Räumen im Hauptgebäude des Reinhard-Mohn-Berufskollegs fallen in diese Kategorie. In 15 Räumen fanden sich jedoch Werte jenseits der 300 Nanogramm. Damit ist der Vorsorgewert erreicht – es sind keine unmittelbaren Schritte zu unternehmen, aber eine Sanierung ist unumgänglich. In einem Konzentrationsbereich zwischen 300 und 3.000 ng/m³ muss die PCB-Quelle aufgespürt und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit mittelfristig beseitigt werden. Zwischenzeitlich ist durch geeignete Maßnahmen die PCB-Konzentration zu reduzieren.

In der PCB-Richtlinie NRW heißt es wörtlich: „Ab einer bestimmten Höhe der Raumluftbelastung von Aufenthaltsräumen (Vorsorgewert) sind Maßnahmen zu prüfen, mit denen die Raumluftbelastung gesenkt werden kann.“ Bei 3.000 Nanogramm ist der Interventionswert erreicht, es besteht unmittelbarer Handlungsbedarf. Ab 9.000 Nanogramm ist zwingend eine Schließung erforderlich, ein Nutzungsverzicht wie es in dem Vermerk des zuständigen Ministeriums für Bauen und Wohnen heißt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hatte sich 2012 dafür ausgesprochen, die Grenzwerte deutlich zu senken. Sie sprach sich für eine ‚Maximale Arbeitsplatzkonzentration‘ (MAK-Wert) von 300 Nanogramm aus.

Zum Thema: Was ist PCB?

PCB steht als Abkürzung für ‚Polychlorierte Biphenyle‘, eine große Gruppe (209 unterschiedliche Substanzen) schwer abbaubarer, mehrfach chlorierter aromatischer Verbindungen, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften in der Vergangenheit in sehr großer Menge vielfältige technische Anwendungen fanden, zum Beispiel in Isolier- und Dichtungsmassen, Farben etc. Der Einsatz von PCB ist seit 1978 in Deutschland verboten. Seit 1989 besteht in Deutschland ein generelles Herstellungs- und Verwendungsverbot. Jedoch haben sich diese Substanzen durch jahrelange Verwendung und aufgrund ihrer Langlebigkeit in der Umwelt angereichert und werden vom Menschen ständig aufgenommen. Der Hauptteil der PCB-Aufnahme erfolgt mit 60 bis 90 Prozent über die Nahrung, vor allem über tierische Fette.

Zum geringen Teil werden PCB auch über die Luft aufgenommen. Die Belastung der Außenluft liegt in Ballungsgebieten bei etwa 100 Nanogramm pro Kubikmeter Luft (ng/m³). Die Innenraumluftbelastung kann jedoch höher sein, wenn PCB-Quellen vorhanden sind. Diese können in Fugenmaterialien und Dichtungsmassen, Flammschutzmitteln oder Weichmachern in Kunststoffen vorliegen, die in Gebäuden bis 1978 verbaut wurden.