Rouven Piesch:

Adleraugen im Kreishaus


Während des Praktikums wurde mein Schaffen häufig von einem kritischen Blick begleitet.
Diese Einordnung meiner Zeit in der Pressestelle des Kreises Gütersloh mag zunächst etwas kritisch erscheinen, ist zum Glück jedoch wortwörtlich zu verstehen. Schließlich thronte auf der Fensterbank des Büros ein ausgewachsener, erfreulicherweise ausgestopfter, Habichtsadler, der aufgrund eines Büroumzugs den Standort wechseln musste und direkt neben mir platziert wurde. Gut möglich, dass sein einschüchterndes, zugleich erhabenes Antlitz einen positiven Einfluss auf meine Produktivität in den fünf Wochen hatte. Wie der Zufall so will, verlässt der präparierte Raubvogel zeitgleich mit mir das Kreishaus. Ich werde mich wieder meinem Studium an der Universität Osnabrück widmen und er findet im Naturkundemuseum der Stadt Münster ein neues Zuhause.

Rein zufällig hatte ich auf der Homepage meines Heimatkreises Gütersloh von einem freien Praktikumsplatz in der Pressestelle erfahren. Dass auf meine spontane Bewerbung eine schnelle Zusage erfolgte, sollte sich im Nachhinein als absoluter Glücksfall für mich herausstellen.
Grund dafür ist möglicherweise, dass sich ein Praktikum in der Pressestelle in meinem Fall selten wie ein Praktikum anfühlte. Negativ konnotierte Klischee-Aufgaben wie Kaffee kochen, Akten ordnen oder Kopien erstellen gehörten nämlich nicht zu meinem Aufgabenbereich. Nach einem kleinen Betriebsunfall mit der Kaffeemaschine in der ersten Woche und der daraus resultierten Verwüstung des Küchenraums war das nachbetrachtend möglicherweise auch besser so. Erst Tage später, von Schuldgefühlen geplagt, kehrte ich zum Tatort zurück und stellte mit Erleichterung fest, dass bisher niemand ein Verbotsschild mit meinem durchgestrichenen Konterfei an die Tür geklebt hatte.

Stattdessen verfasste ich während meines Praktikums zu den verschiedensten Themen Pressemitteilungen, knipste jede Menge Fotos oder steuerte die hauseigene Drohne. Gerade das Schreiben von Artikeln für die ‚Kreisintern‘, der Mitarbeiterzeitschrift, hat mir große Freude bereitet. Denn dabei ließ man mir alle literarischen Freiheiten und mir wurde erneut bewusst, wie gern ich Texte verfasse. Darüber hinaus war es sehr angenehm, so nette und interessante Menschen kennenzulernen und zu interviewen, wie es mir erlaubt war. Bei jeder Begegnung mit Mitarbeitenden spürte ich von meinem Gegenüber ein großes Maß an Hingabe und Motivation, mir Dinge zu erklären, was ich als sehr inspirierend empfand. Ich hatte dadurch nie das Gefühl, den Betrieb aufzuhalten. Vielmehr wurde mir vermittelt, dass auch ich als Praktikant einen wichtigen Beitrag zum alltäglichen Geschehen leiste.

In Zeiten von Corona war das Thema Pandemie selbstverständlich tagtäglich omnipräsent. Doch auch die internen Lagebesprechungen und Krisenstabssitzungen, die wöchentlich online stattfanden, interessierten mich sehr. Durch sie konnte ich viel über die Kommunikation und den Aufbau innerhalb einer Verwaltung lernen und war zusätzlich bestens über das Geschehen im Kreis informiert. Sogar das Impfzentrum durfte ich erkunden, als ich am ersten Praktikumstag die fleißigen Mitarbeiter vor Ort mit vier Paketen frischer Reinigungstücher belieferte. Als Belohnung durfte ich anschließend im Rahmen einer kleinen Führung den Gebäudekomplex besichtigen.

Das Betreuen der Social-Media-Kanäle machte mir großen Spaß und zeigte mir zugleich, was für eine relevante und elementare Rolle Öffentlichkeitsarbeit spielt. Schon nach kürzester Zeit registrierte ich, wie wichtig die transparente Weitergabe von Informationen in der heutigen Zeit ist, um Unmut, der Verbreitung von Falschinformationen oder der Entstehung abstruser Theorien innerhalb unserer Gesellschaft vorzubeugen und die Bevölkerung über das tägliche Geschehen aufzuklären. Dass diese Mission nicht immer leichtfällt, bewies der regelmäßig stattfindende Austausch mit einzelnen Usern auf Facebook. Auf eine sachliche und respektvolle Art und Weise kümmern sich die Mitarbeitenden der Pressestelle jedoch mit großer Mühe um die Anliegen der Kreisbewohner und leisten aus meiner Sicht einen wichtigen und tiefgreifenden Beitrag für die Allgemeinheit.

Zu schätzen weiß ich außerdem, dass mir das Handwerk der Fotografie nähergebracht wurde. Ich habe schon immer gern fotografiert, aber dank meiner Praktikumszeit weiß ich in Zukunft, worauf zu achten ist, wenn eine Aufnahme professionell erscheinen soll und wann sich ein Ergebnis sehen lassen kann. Es gehört einiges mehr zum Fotografieren, als einfach ein paar Mal auf den Auslöser zu drücken.

Ich bedanke mich bei Isabelle, Lena, Beate, Andrea und Jan für die schöne Zeit, die ich in der Pressestelle hatte und das Vertrauen, das mir täglich geschenkt wurde. Jeder Tag war spannend, unterhaltsam und lehrreich und dafür seid ihr verantwortlich.
Mir wurde mit großem Eifer eine Menge beigebracht und es wurde geduldig zugehört, wenn ich Fragen hatte. Es gab keinen Morgen, an dem ich keine Lust hatte, zum Kreishaus zu fahren und meine netten Kollegen wiederzusehen.
Ein Praktikum in der Pressestelle des Kreises Gütersloh kann ich jedem nur wärmstens empfehlen.