Vorstellungsgespräch mit Maurerkelle

Gütersloh/Bielefeld, 16.03.2018. Vorstellungsgespräche finden bekanntlich in Büros statt – Bewerber und Arbeitgeber sind ordentlich gekleidet, sitzen in ruhiger Atmosphäre am Tisch, es werden Fragen zu Zeugnissen gestellt und über Erfahrungen gesprochen.

Gehle, Erdsiek, Aleed
Maja Gehle (Kipp Umwelttechnik GmbH), Rolf Erdsiek (Jobcenter Kreis Gütersloh) und Mohamed Aleed, der das Maurern im HBZ Brackwede ausprobiert. Foto: Kreis Gütersloh

Einen ganz anderen Weg gingen jetzt das Jobcenter Kreis Gütersloh und das Handwerksbildungszentrum Brackwede (HBZ): Mit der Initiative 'Flüchtlinge im Bauhandwerk integrieren' (FiBi) brachten sie Arbeitgeber und potenzielle Mitarbeiter bei der praktischen Arbeit zusammen.

Die viertägige Maßnahme gliederte sich in jeweils einen theoretischen und einen praktischen Part. Im theoretischen Teil besprachen die 16 Teilnehmer

zum Beispiel die eigenen Bewerbungsunterlagen und klärten Fragen zum deutschen Berufsausbildungssystem. In der Praxis konnten sie in der Ausbildungswerkstatt acht unterschiedliche Berufe ausprobieren. Dazu lud das HBZ verschiedene Arbeitgeber aus der Region ein. Sie konnten sich direkt die handwerklichen Fähigkeiten der potenziellen Bewerber anschauen und mit ihnen ins Gespräch kommen - eine Art Speeddating im Bauhandwerk also. Zu den Arbeitgebern gehört auch Michael Hauphoff vom gleichnamigen Bauunternehmen in Verl. "Wir brauchen Facharbeiter und möchten jedes Jahr zwei Azubis einstellen", erklärt er den Grund für seinen Besuch im HBZ. Beim Gespräch mit einem Teilnehmer greift der Experte auch gleich selber zur Maurerkelle und erklärt, wie es richtig geht. "Über eine ähnliche Maßnahme habe ich bereits einen Azubi aus Afghanistan eingestellt", kennt Hauphoff sich mit der Beschäftigung von Zuwanderern bereits aus.

Ryayd, Hauphoff, Haunhorst
Im lockeren Gespräch (v. l.): Teilnehmer Ibrahim Ryayd, Arbeitgeber Michael Hauphoff (Hauphoff Bauunternehmung Verl) und Ausbildungsmeister Peter Haunhorst (HBZ). Foto: Kreis Gütersloh

"Es ist ein Experiment, von dem wir noch nicht sagen können, ob es erfolgreich ist", erklärt Rolf Erdsiek, Leiter der Abteilung Arbeit und Ausbildung im Jobcenter Kreis Gütersloh. Es handelt sich dabei um einen Teil des Modellprojekts zur beruflichen Integration von Zuwanderern. In dessen Rahmen hatte das Jobcenter zwei Unternehmensscouts und eine Integrationsfachkraft eingestellt, die sich um Integration der Zuwanderer kümmern. Erdsiek ergänzt: "Eine besondere Herausforderung haben unsere Arbeitsberater regelmäßig damit, den Flüchtlingen die duale Ausbildung zu erläutern. Denn häufig kennen sie lediglich das Studium als anerkannten Bildungsweg. Da das Bauhandwerk große Beschäftigungschancen bietet, ist der Versuch, diese Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen zu bringen, in ein Modellprojekt eingeflossen, das der Kreis Gütersloh an Land ziehen konnte. Ulrich Friemann vom Jobcenter ergänzt: "Wir möchten deutlich machen, dass Qualifizierung lohnt sich, damit die Bewerber nicht dauerhaft als Hilfskraft mit niedrigem Lohn arbeiten müssen."




Sieweke, Alawi
Kein gewöhnliches Vorstellungsgespräch: Dirk Sieweke (l.) lernt den FiBi-Teilnehmer Shaer Alawi bei der praktischen Arbeit kennen. Foto: Kreis Gütersloh

Die Bauwirtschaft gehört in Deutschland zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen mit über 100 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und bietet viele sichere Arbeits- und Ausbildungsplätze. Die Baukonjunktur in Deutschland befindet sich auf Rekordniveau, es werden händeringend Arbeitskräfte gesucht. Eine Chance für engagierte Zuwanderer, sich für die Bauwirtschaft zu entscheiden und damit Teil einer zukunftsorientierten Branche zu werden.